Basler Fasnacht: Hintergründe und Geschichte über den Schnitzelbangg

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Am 11. März, um vier Uhr früh, beginnt mit dem Morgenstreich die diesjährige Basler Fasnacht. Diese stellt einen wesentlichen Faktor unseres touristischen Stadtmarketings und einen wichtigen und festen Wert für das regionale Gewerbe dar. Als in der Region Basel tief verwurzelte Privatbank möchte Baumann & Cie deshalb in diesem Blog Gelegenheit nutzen, Ihnen eines der tragenden Elemente der Basler Fasnacht etwas näher vorzustellen.

Einige unserer Mitarbeiter werden aktiv am närrischen Treiben teilnehmen – sei es als Tambour, Piccolo-Spieler, im Comité oder als Mitglied einer Wagenclique. Wie jedes Jahr, dies sei an dieser Stelle unbedingt erwähnt, ist für deren Stellvertretung während den „drei scheenschte Dääg" in unserem Hause gut gesorgt.

Meine fasnächtliche Leidenschaft ist das Schnitzelbankwesen. Ich werde mich davor hüten, die von mir an der Fasnacht verkörperte Figur an dieser Stelle namentlich preiszugeben. Dies mit Rücksicht auf die fasnächtlichen Gepflogenheiten. Als kleiner Hinweis für Fasnachtsinsider sei aber darauf hingewiesen, dass sich meine Kunstfigur jeweils mit einer Gehhilfe und in Begleitung meines pubertären Enkelsohns den Weg durch Basels Strassen und Altstadtgässlein bahnt.

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Die Geschichte des Schnitzelbanggs

Die Wurzeln des Schnitzelbanggs sind einerseits das alte Bänkelsängertum, das sich als Moritatensängerei noch das ganze 19. Jahrhundert hindurch behauptete, andererseits das vom 16. bis 18. Jahrhundert blühende Schmähschriften- und Flugblattwesen.

Der Basler Schnitzelbank, so wie wir ihn heute kennen, existiert in vergleichbarer Form seit rund 160 Jahren. Bis in die 1950er Jahre spielte sich die Fasnacht noch dezentral in den Basler Aussenquartieren ab. Im Gegensatz zu heute, waren die Formationen oft bereits nachmittags gegen vier Uhr unterwegs. Dies auf einer Route mit über 100 Restaurants. Heute rechnet man mit etwa 12 – 20 Auftritten pro Abend, je nach Gesellschaft – und Stauzeiten vor den Lokalen.

Beim Recherchieren stellt man fest, dass bis anfangs der 1970er Jahre sämtliche Texte den Behörden zur Zensur vorgelegt werden mussten. Manch alter „Zeedel" trug geschwärzte Stellen oder die Bezeichnung „Gift", womit die unerwünschten Passagen übermalt, resp. überschrieben wurden. In Polizeiberichten aus den 1930er Jahren ist von Schnitzelbank-Kontrollen die Rede. Während den Jahren 1940 – 1945 verbot der Regierungsrat das Absingen von Schnitzelbänken gar gänzlich, da man den Unmut der deutschen Nachbarn über die Spottverse der Basler fürchtete. Da soll noch jemand behaupten, früher sei alles besser und spontaner gewesen. Oder, um es mit den Worten des legendären Peter Ustinov auszudrücken: heute sind die guten alten Zeiten, nach denen wir uns in zehn Jahren zurücksehnen.

Ein Schnitzelbangg hat Stil...

Zivil- und Strafrecht sind natürlich auch heute zur Fasnachtszeit nicht suspendiert. Üble Nachrede, Verleumdung und Beschimpfungen sind verboten. Verletzende Scherze über religiös Andersdenkende, über behinderte Mitmenschen oder beispielsweise auch verstorbene Personen sind verachtenswert und an der Fasnacht tabu. So muss es dem erfahrenen Schnitzelbänkler gelingen, mit spitzen Pointen aus unerwarteten, ungewöhnlichen, ja gar absurden Blickwinkeln den verdient betroffenen Zielpersonen „d Kuttle z butze".

...und muss dem Publikum Freude bereiten!

Eine gesunde Selbsteinschätzung zähle ich dabei zu den Grundvoraussetzungen. Oft hapert es aber leider genau an diesem Punkt. Was für einen Sinn macht es, das Publikum mit schlechten Versen zu langweilen? Unsere Vereinigung, „d Bebbi Bängg", hat eine bewährte Taktik zur Vermeidung peinlicher „Folterauftritte": wir lassen unsere Verse vor der Fasnacht von unseren Vereinskollegen kritisch benoten. Das Gremium ist in seiner Beurteilung meist gnadenlos. Oft ist das sehr schmerzhaft für die „zarte Künstlerseele". Insbesondere wenn man abends oder am Wochenende lange an einem Vers herumgeschmiedet hat. Aber mit schonungsloser Kritik ist den Protagonisten, und damit auch dem Publikum, bedeutend mehr geholfen, als mit wohlwollender Zustimmung.

Gefordert ist natürlich auch das Publikum. Ist dieses gut gelaunt, über die aktuellen Geschehnisse informiert (!) und des Dialekts einigermassen mächtig, ist bereits ein fruchtbarer Boden gelegt. Nun muss ich anmerken, dass ich kein Anhänger von Schnitzelbank Galas im Restaurant bin. Mir gefällt die Stimmung in den zahlreichen Cliquenkellern viel besser. Tatsache ist, dass diverse Basler Restaurants solche Schnitzelbank Soirées mit Menu Prix fix organisieren. Diese Abende sind jeweils viele Monate im Voraus ausgebucht. Mitunter sind die lokalen und nationalen TV Stationen zugegen. Die Schnitzelbank Vereinigungen schliessen Verträge mit den Beizern ab und erhalten im Gegenzug eine kleine Entschädigung für ihr pünktliches Erscheinen.

Der Schnitzelbank Marathon, welcher dem Publikum in den Restaurants über drei bis vier Stunden geboten wird, kann beim „Konsumenten" sehr schnell zu einer Übersättigung, ja gar zu langer Weile führen. Dies hat mitunter damit zu tun, dass es bei der Kaskade von pausenlosen Auftritten zwangsmässig und erbarmungslos zur Wiederholung der immer gleichen Themen und ähnlichen Pointen in kurzen Abständen kommt. Auch körperlich kann einem so eine Schnitzelbank Leistungsschau zusetzen. Machen Sie die Rechnung: dreissig Formationen à zehn Verse = dreihundertmal applaudieren. Ihr Physiotherapeut wird sich freuen.

Glückseligkeit in Basels Cliquenkellern – welches sind die Besten?

In den Duzenden von Cliquenkellern im Gross- und Kleinbasel geht es hingegen viel lockerer zu. Da gibt es Pausen, das Publikum rotiert, und hin und wieder trifft man auch auf einen sogenannten „wilde Bangg", also eine Formation ohne Anschluss an eine der sechs offiziellen Vereinigungen. Auch und gerade unter den wilden Formationen finden sich immer wieder wunderbar originelle und unterhaltsame Trouvailles.
Die Schnitzelbänkler sind selbstverständlich nur eine von vielen Facetten unserer Basler Fasnacht. Besuchen Sie diesen wunderbaren Traditionsanlass voller künstlerischer Elemente, Mystik und Humor und steigen Sie unbedingt auch dann und wann in einen der tollen Cliquenkeller ab. Meine persönlichen Empfehlungen zu den interessantesten Cliquenkeller Adressen lässt Ihnen Baumann & Cie auf Anfrage gerne zukommen.

Übrigens: Wirtschaftlichkeit der Basler Fasnacht

Eine im Jahr 2005 vom Basler Fasnachts Comité in Auftrag gegebene Studie hat das folgenden herausgefunden: „Wegen der Fasnacht werden jährlich mindestens 28 Millionen Franken ausgegeben."

Die Befragungen bei den Zuschauern hatten ergeben, dass rund ein Viertel der Besucher nicht aus den beiden Basel kommt, sondern aus der übrigen Schweiz und dem Ausland. Im Weiteren könne das Interesse an der Basler Fasnacht auch an den Aufwendungen der Medien für ihre Berichterstattung aufgezeigt werden.

E scheeni Faasnacht.

20.02.2019
Daniel Risi
Kundenbetreuer



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