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Positionierung über langfristige Themen und Trends – Oktober 2025

Von US-Strafzöllen über die Rekordverschuldung in den USA und Europa bis hin zur Rückkehr von Negativzinsen in der Schweiz: Die wirtschaftlichen Herausforderungen nehmen zu. Daniel O.A. Rüedi und Tom Steiner ordnen diese Entwicklungen ein und zeigen, warum wir trotz Unsicherheiten klar auf Sachwerte wie Gold und Aktien setzen.

10 Min.

Finanzielle Repression als einziger Ausweg?

Zölle, Schulden, schwache Arbeitsmarktdaten – die Liste der wirtschaftlichen und politischen Baustellen wächst. Was lange stabil wirkte, zeigt nun deutliche Risse. Während der Aktienmarkt – befeuert durch eine expansivere Geldpolitik in den USA – weiter nach oben strebt, signalisieren die Anleihenmärkte zunehmende Zweifel an der Tragfähigkeit der Schulden, die in den USA wie auch in Teilen von Europa besorgniserregende Höhen erreicht haben. Der einzig realistische Ausweg scheint in der finanziellen Repression zu liegen – mit weitreichenden Konsequenzen für die langfristige Anlagestrategie.

US-Zollhammer

Ein 34-minütiges Telefonat zwischen Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und US-Präsident Donald Trump am 31. Juli genügte, um die zuvor als konstruktiv und vielversprechend bezeichneten Verhandlungen über die US-Zölle abrupt zum Scheitern zu bringen. Das Resultat: Auf Schweizer Exporte werden nun Zölle von 39% erhoben – ohne dass dafür eine rechtliche oder ökonomisch nachvollziehbare Grundlage ersichtlich wäre. Zwar weist die Schweiz im Warenhandel mit den USA einen Überschuss aus, doch stammen rund 70% der Exporte ausgerechnet aus den Bereichen Pharma und Gold – Produkte, die bis anhin entweder mit länderunspezifischen Zöllen von lediglich 10% belegt sind oder gar keinen Zöllen unterliegen.

 

Seit dem 7. August gelten nun die Strafzölle von 39% auf Schweizer Waren. Besonders betroffen sind die exportorientierten Branchen wie Uhren-, Maschinen-, Elektronik- und Metallindustrie. Der Bundesrat setzt seine Bemühungen fort, die Gespräche mit den USA wieder aufzunehmen, um eine Reduktion der Zölle zu erreichen. Sollten die Massnahmen jedoch länger Bestand haben, rechnet die KOF Konjunkturforschungsstelle mit einem negativen Effekt auf die Wirtschaftsleistung von 0,3% bis 0,6% pro Jahr. Würden gar pharmazeutische Produkte zusätzlich höher belastet, wären die Auswirkungen deutlich gravierender.

 

Für den Grossteil der kotierten Schweizer Unternehmen erwarten wir dank ihrer internationalen Aufstellung und Produktionsstandorte in den USA jedoch nur moderate Belastungen. Zudem gehen wir davon aus, dass der aktuelle Zollsatz langfristig nicht Bestand haben wird und eine Senkung erreicht werden kann.

Negativzinsen in der Schweiz?

Die jüngsten Inflationsdaten weisen für die Schweiz eine moderate Teuerungsrate von 0,2% aus. Die importierte Deflation hat sich dank des stabilen Schweizer Frankens abgeschwächt. Gleichzeitig hat die inländische Inflation aufgrund des schwächeren Wirtschaftsausblicks nachgelassen. Unter dem Strich ergibt sich damit eine knappe Teuerung, die sich bis Jahresende voraussichtlich stabil halten dürfte – ganz im Rahmen der Prognosen der SNB. Das Direktorium unter der Leitung von Martin Schlegel betont, dass die Hürden für eine Rückkehr zu Negativzinsen hoch sind. Auch wir sehen derzeit keine starken Argumente für eine weitere Senkung des Leitzinses und erwarten, dass er vorerst bei 0% bleibt.

 

Einige Schweizer Grossbanken belasten ihren Kundinnen und Kunden – insbesondere im Vorsorgebereich – bei hohen Liquiditätsbeständen inzwischen wieder Negativzinsen. Damit befinden wir uns faktisch erneut in einem Negativzinsumfeld. Der Anlagenotstand im Schweizer Franken ist nun wieder deutlich ausgeprägter. Die Realrenditen werden weiter im negativen Bereich verharren, was festverzinsliche Anlagen in Schweizer Franken äusserst unattraktiv macht. Um diesem schleichenden Kaufkraftverlust entgegenzuwirken, empfiehlt sich einzig eine langfristig ausgerichtete Strategie mit einem signifikanten Anteil an Sachwerten. 

Frankreich – neuestes Sorgenkind der EU

Mit einer Staatsverschuldung von rund 113% der Wirtschaftsleistung und einem strukturellen Budgetdefizit von jährlich über 5% entwickelt sich Frankreich zunehmend zum Sorgenkind innerhalb der EU. Die vom inzwischen abgesetzten Premierminister François Bayrou vorgeschlagenen Sparmassnahmen im Haushaltsbudget fanden im Parlament keine Zustimmung. Offenbar sind sich die Politikerinnen und Politiker der besorgniserregenden Lage der französischen Staatsfinanzen nicht bewusst – oder sie blenden das Problem bewusst aus. Frankreich leidet nicht an einem Einnahme-, sondern klar an einem Ausgabenproblem, das nur mit konsequenten Sparmassnahmen in den Griff zu bekommen wäre. Die schwindenden Aussichten auf eine Besserung haben jedoch bereits Spuren hinterlassen: Gemäss Prognosen des Internationalen Währungsfonds dürfte Frankreichs Verschuldung im EU-Vergleich am stärksten zunehmen. So sind die Renditen französischer Staatsanleihen bereits deutlich gestiegen.

 

Kurzfristig ist politisch kaum eine Besserung erkennbar. Die hohe Verschuldung dürfte daher vorerst weiter steigen – bis der Druck vonseiten der EU oder der Finanzmärkte gross genug wird. Trotzdem sehen wir nur ein geringes Risiko für eine ausgeprägte Schuldenkrise. Frankreich verfügt über eine solide Leistungsbilanz, was es klar von Griechenland während der Eurokrise unterscheidet und einen Vergleich unangebracht macht. Das aktuelle Defizit ist zudem deutlich kleiner als jenes Griechenlands damals. Darüber hinaus präsentieren sich die meisten europäischen Volkswirtschaften und deren öffentliche Finanzen heute stabiler als jene Frankreichs. Auch der europäische Bankensektor und die EZB sind wesentlich besser auf mögliche Turbulenzen vorbereitet als noch vor 15 Jahren.

Weniger robust als es scheint

Der US-Arbeitsmarkt zeigte sich in der Vergangenheit erstaunlich widerstandsfähig. Besonders US-Notenbankpräsident Jerome Powell verwies regelmässig auf diese soliden Daten – einer der Hauptgründe, weshalb die Fed den Leitzins 2025 bislang konstant gehalten hat. Doch dieser Eindruck entpuppt sich zunehmend als trügerisch. Die Beschäftigungszahlen mussten nach Veröffentlichung deutlich nach unten revidiert werden, sodass von einem echten Stellenzuwachs kaum mehr die Rede sein kann. Dies veranlasste Donald Trump sogar, die Leiterin des Amts für Arbeitsmarktstatistik kurzerhand zu entlassen. 

 

Ob dies tatsächlich die Datenqualität verbessert, darf jedoch stark bezweifelt werden. Denn auch die im September publizierten Zahlen zeigen ein schwaches Bild für den Monat August. Hinzu kommt die Jahresrevision: Für den Zeitraum von April 2024 bis März 2025 wurden die Beschäftigungszahlen nachträglich um 911'000 Stellen nach unten korrigiert. Damit ist der Weg für weitere Zinssenkungen der Fed bis Ende Jahr wohl geebnet.

Positionierung im Baumann Portfolio

Als wir im Frühling die Liquiditätsquote erhöhten, waren die Unsicherheiten rund um Donald Trumps erratische Zollpolitik und deren Folgen für die Wirtschaft noch erheblich. Inzwischen haben sich diese Risiken etwas entschärft. Gleichzeitig toleriert der Finanzmarkt die enormen Staatsschulden in den USA wie auch in Europa immer weniger. Besonders in Europa sind die Renditen langlaufender Staatsanleihen gestiegen – ein klares Signal dafür, dass die aktuelle Verschuldungslage langfristig nicht tragbar ist. Zwar sind die Renditen in den USA zuletzt aufgrund der erwarteten Leitzinssenkungen wieder gesunken, sie bleiben jedoch auf deutlich erhöhtem Niveau.

 

Keine Regierung wird es je offen aussprechen – doch der einzige realistische Ausweg aus der Schuldenproblematik führt über die finanzielle Repression. Entsprechend erachten wir eine klar ausgerichtete, langfristige Positionierung in Sachwertanlagen als entscheidend. Eine dauerhaft hohe Liquiditätsquote hätte dagegen beträchtliche Opportunitätskosten. Vor diesem Hintergrund sehen wir insbesondere bei Gold attraktive Perspektiven. Das Edelmetall verfügt über starke langfristige Treiber – insbesondere im Umfeld der finanziellen Repression. Hinzu kommen eine anhaltend hohe Nachfrage der Zentralbanken sowie eine nur geringe Korrelation zu Aktien. Aus diesen Gründen haben wir im August die Goldquote von 5% auf 8% und die Aktienquote von 60% auf 62% zulasten der Liquidität erhöht. Diese reduziert sich damit auf 5%.

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