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Schweizer Geldpolitik unter Druck: Die Rückkehr der Negativzinsen?

Angesichts eines begrenzten Handlungsspielraums könnte die Schweizerische Nationalbank erneut Negativzinsen einführen. Erfahren Sie im Beitrag von Tom Steiner, Leiter Kompetenzzentrum Anlagen, warum diese Massnahme wieder ins Spiel kommt und welche Folgen sie für Anlegerinnen und Anleger hat.

8 Min.

Negativzinsen
Eingeschränkter Handlungsspielraum

Während in Europa und insbesondere in den USA die Notenbanken mit der schwierigen Aufgabe ringen, eine hartnäckige Inflation zu bekämpfen und zugleich eine drohende Konjunkturabschwächung abzufedern, steht die Schweiz vor einem ganz anderen geldpolitischen Dilemma. Hierzulande liegt die Inflation aktuell an der Deflationsgrenze, der Schweizer Franken hat sich weiter aufgewertet und das Wirtschaftswachstum bleibt verhalten. Damit scheint klar: Die Schweizerische Nationalbank müsste ihren Kurs der geldpolitischen Lockerung fortsetzen.

 

Doch im Unterschied zu ihren internationalen Pendants hat sie den ersten Schritt bereits früh und entschlossen vollzogen – ausgehend von einem ohnehin schon tiefen Zinsniveau. Der verbleibende Handlungsspielraum ist daher stark eingeschränkt. Die Frage steht im Raum, ob die SNB ihr Pulver nicht zu früh verschossen hat und ihr nun bloss noch das ungeliebte Instrument der Negativzinsen bleibt. Auch SNB-Präsident Martin Schlegel schliesst eine Rückkehr nicht aus: «Niemand mag Negativzinsen, auch nicht die Schweizerische Nationalbank. Wenn die Situation so ist, dass Negativzinsen notwendig sind, dann machen wir das».

Warum die SNB erneut auf Negativzinsen setzen könnte

Die Schweizerische Nationalbank verfolgt das Ziel, die Preisstabilität zu sichern und dabei auch der wirtschaftlichen Entwicklung Rechnung zu tragen. Eine stabile Preisentwicklung ist eine zentrale Grundlage für Wohlstand und wirtschaftliche Sicherheit – das zeigen zahlreiche internationale Beispiele, wo instabile Preise zu sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen geführt haben. Aktuell liegt die Teuerung in der Schweiz bei 0%. Die SNB definiert Preisstabilität als eine jährliche Inflationsrate zwischen 0% und 2%. Damit bewegt sich die Inflation am unteren Rand dieses Zielbands. Parallel dazu zeigen Frühindikatoren wie der wöchentliche Wirtschaftsaktivitätsindex des SECO eine Abschwächung der Konjunktur. In einem solchen Umfeld wäre eine weitere geldpolitische Lockerung grundsätzlich angezeigt.

 

Allerdings beträgt der Leitzins der SNB nur noch 0,25%. Nach-dem die SNB zur Bekämpfung der postpandemischen Inflationswelle den Zinssatz bis auf 1,75% erhöht hatte, folgte in mehreren Schritten eine aggressive Senkung des Leitzinses. Im Rückblick stellt sich die Frage, ob diese Senkungen zu früh und zu schnell kamen. Denn die konjunkturelle Wirkung weiterer Zinsschritte dürfte nun begrenzt sein: Die Unternehmen in der Schweiz stehen derzeit nicht vor akuten Finanzierungsproblemen, die durch tiefere Zinsen gelöst werden könnten.

Vorwürfe der Währungsmanipulation

Eine gezielte Abschwächung des überbewerteten Frankens – etwa durch Devisenmarktinterventionen – erscheint unter diesen Bedingungen als das wirkungsvollere Mittel. Ein schwächerer Franken würde Importpreise leicht erhöhen und könnte somit den deflationären Tendenzen entgegenwirken. Dennoch wäre ein solcher Schritt politisch nicht unproblematisch. Insbesondere aus den USA könnten erneut Vorwürfe der Währungsmanipulation laut werden. Auch wenn sich die geldpolitische Zielsetzung fachlich begründen liesse, ist fraglich, ob diese Argumentation in der aktuell angespannten Situation auf Verständnis stossen würde.

 

So bleibt der SNB wahrscheinlich nur die unbeliebte Option: die Rückkehr zu Negativzinsen.

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Die Schattenseiten von Negativzinsen

Negativzinsen sind aus ökonomischer Sicht problematisch, weil sie es ermöglichen, Geld nahezu kostenlos aufzunehmen und in wirtschaftlich fragwürdige Projekte zu investieren, die bei normalen Zinsen keine Überlebenschance hätten. Dies fördert Kapitalfehlallokationen und kann langfristig die Stabilität der Wirtschaft gefährden.

 

In der Schweiz sind Negativzinsen zudem sehr unpopulär. Es leiden nicht nur Sparerinnen und Sparer, sondern auch andere Akteurinnen und Akteure: Das anhaltend tiefe Zinsniveau kann die Immobilienpreise auf problematische Weise befeuern und verschärft zugleich den Anlagenotstand der Pensionskassen. SNB-Präsident Martin Schlegel braucht daher viel kommunikatives Geschick, um diesen unbequemen Schritt überzeugend zu erklären. Allerdings erhält seine bisherige Kommunikation nicht nur positive Resonanz.

 

Nicht zuletzt können Negativzinsen politisch und gesellschaftlich heikle Spannungen erzeugen. Das Prinzip, dass vorsichtiges Sparen bestraft wird, untergräbt das Vertrauen in das geldpolitische Instrumentarium und könnte in einer alternden Gesellschaft, die auf private Ersparnisse angewiesen ist, zu erheblichen Akzeptanzproblemen führen.

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So schützen Sie Ihr Vermögen vor Negativzinsen

Für Schweizer Anlegerinnen und Anleger haben die geldpolitischen Aussichten weitreichende Konsequenzen – sie sollten zwingend in der persönlichen und langfristigen Anlagestrategie berücksichtigt werden. Das Halten überhöhter Cash-Reserven wird im besten Fall keinen Zins abwerfen, im schlechteren drohen ab gewissen Beträgen erneut Negativzinsen. Da die SNB weiterhin mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 0,4% für das Jahr 2025 rechnet, ergibt sich real betrachtet ein Vermögensverlust.

 

Sind festverzinsliche Anlagen im Schweizer Franken eine Alternative? Nicht wirklich. Aufgrund des gesunkenen Zinsniveaus sind die Renditen deutlich gefallen. Die Verzinsung von 10-jährigen Schweizer Staatsanleihen liegt aktuell klar unter 0,4%. Rechnet man die Inflation mit ein, handelt es sich auch hier um ein Verlustgeschäft. Wir halten fest: Die Realrenditen im Schweizer Franken sind derzeit negativ.

 

Wie kann man einem solchen Umfeld begegnen? Wir sind überzeugt, dass nur eine langfristig ausgerichtete Strategie mit einem signifikanten Anteil an Sachwerten – insbesondere Aktien und renditestarken Wohnliegenschaften in der Schweiz – der wohl einzige Weg ist, um der schleichenden Geldentwertung wirksam zu begegnen. Dabei müssen kurzfristige Wertschwankungen in Kauf genommen werden. Des Weiteren lag die durchschnittliche Dividendenrendite von Schweizer Aktien in den letzten 15 Jahren konstant bei rund 3% – deutlich höher als die aktuelle Rendite der 10-jährigen Schweizer Staatsanleihen.

Unsere langfristige Positionierung im Baumann Portfolio

Selbstverständlich fliessen sämtliche oben geschilderten Überlegungen in die Positionierung unseres Baumann Portfolios mit ein. Auch wenn wir jüngst eine Risikoreduktion vorgenommen und die Aktienquote vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Lage leicht reduziert haben, legen wir nach wie vor eine klare Präferenz auf Sachwertanlagen – insbesondere auf Aktien und Schweizer Renditeliegenschaften im Wohnbereich. Ergänzend favorisieren wir Anlagen in strukturierte Produkte mit Aktiencharakter sowie Gold und Mikrofinanz.

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Tom Steiner

Leiter Kompetenzzentrum Anlagen

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