Die schönsten Kunstwerke bleiben der Menschheit verborgen. Sie verschwinden in Safes, fensterlosen Zollfreilagern oder werden auf prunkvollen Privatjachten vermutet – wie etwa Leonardo da Vincis «Salvator Mundi». Das teuerste Kunstwerk der Welt, das rund 450 Millionen US-Dollar wert ist, soll sich auf der Luxusjacht des saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman befinden. Genau weiss das aber niemand.
Es ist nicht der einzige Schatz, der für Jahre verschwindet, weil reiche Leute auf künftige Wertsteigerungen spekulieren. «Es gibt einige Menschen, die Bilder nur als Anlage kaufen und sie dann einlagern», sagt Sophie Neuendorf, Kunstexpertin bei Artnet, einem Onlinehandel für Kunst. «Sie sehen die Kunstwerke nie wieder, bis sie diese dann wieder verkaufen.»
Es ist eine schwer zu durchblickende Welt. Der Kunsthandel bewegt sich in den Sphären zwischen elitärem Statussymbol, lukrativem Investment und dubioser Geldwäsche.
In den Fokus rückt der Markt immer wieder wegen der teils astronomischen Preise, für die Kunstwerke den Besitzer wechseln. So erzielte im Mai dieses Jahres das Bild «Shot Sage Blue Marilyn» von Andy Warhol eine Verkaufssumme von 195 Millionen Dollar – noch nie ist ein Bild aus dem 20. Jahrhundert für eine grössere Summe verkauft worden.
Ist Kunst als Wertanlage geeignet?
Ja, Kunst kann sogar eine sehr gute Geldanlage sein und ein Portfolio sinnvoll diversifizieren. Trotzdem gibt es ein paar Punkte zu beachten. Auf der Positiv-Seite schlägt eine gewisse Sicherheit zu Buche. Ein gutes Kunstwerk eines etablierten Künstlers behält trotz Wertschwankungen immer einen gewissen Wert. Ein Totalverlust ist fast ausgeschlossen. Ein weiterer Vorteil: es ist eine «schöne» Anlage und hat neben dem Sachwert zusätzlich einen hohen emotionalen Wert. Diese «emotionale Rendite», die Freude am Kunstwerk, unterscheidet die Investition in Kunst von den klassischen Anlageformen. Zusätzlich hat Kunst einen hohen Prestigefaktor. Anders ausgedrückt: Investition in Kunst rentiert sich also nicht nur in Geldwerten, sondern sie steigert die Lebensqualität und gibt die angenehme Gewissheit, zum Erhalt von Kultur beigetragen zu haben. Diese emotionelle Bindung an ein Kunstwerk kann mit der Zeit so stark werden, dass sie gegebenenfalls sogar die Bedeutung eines Wertverlustes abfedern kann. Auf der Negativseite steht der für viele undurchschaubare Kunstmarkt und die eingeschränkte Handelbarkeit von Kunstwerken.
Wie soll ich in Kunst investieren?
In der Regel sind für den Investor Unikate oder Klein-Auflagen interessant. Bei der Investition in Kunst können je nach Ziel verschiedene Strategien verfolgt werden. Der Kauf von unbekannten Künstlern birgt zwar die Attraktivität einer hohen Gewinnsteigerungsmöglichkeit, ist aber auch mit dem höchsten Risiko verbunden. Nachteilig ist auch, dass bei einer Fehlinvestition nur geringe Chancen bestehen, diese Kunstwerke wieder zu einem angemessenen Preis verkaufen zu können.
Mit weniger Risiko verbunden ist die Investition in bekannte Künstler. Dafür benötigt man weniger Kennerwissen, da die Preisentwicklung in der Regel transparent ist und über auktionsbasierte Charts abgelesen werden kann. Eine hohe Liquidität ist jedoch bei diesen Künstlern Voraussetzung. Nicht unterschätzen darf man auch die Kosten für Provisionen der Händler und Auktionshäuser, die bis zu 25% des Kaufpreises ausmachen können.
Art Consulting – professionelle Hilfe
Wer in Kunst investieren möchte, kann seine Augen durch Besuche von Museen und Messen, Galerien, Ausstellungen und Auktionen schulen. Ferner ist die Literatur vielfältig und sollte vor jedem geplanten Kauf herbeigezogen werden. Wem das zu lange dauert, sucht sich einen Kunstexperten. Gerade für Neueinsteiger ist der Kunstmarkt undurchsichtig, vielfältig und von grossem Insiderwissen geprägt. Hier kann es angezeigt sein, einen Kunst-Berater zu engagieren, der Sie in alle Facetten des Kunstmarktes einführt. Insbesondere erstellt er auch zusammen mit Ihnen eine erste Lagebeurteilung und Bedürfnisanalyse. Diese Berater sind in der Kunst-Szene nicht nur sehr gut vernetzt, sondern haben gegenüber Galeristen oder Kunsthändlern den Vorteil, dass sie unabhängig sind.
Hohe Rendite, schnelle Verluste
Entgegen dem weiter oben beschriebenen ist der Kunstmarkt trotzdem oft unberechenbar. Welches Bild eine hohe Rendite abwirft, ist ungewiss. Welcher Künstler in die Sphären eines Andy Warhol aufsteigt und welcher vergessen wird? Kaum vorherzusehen. Eine höhere Sicherheit hat man, wenn man etablierte und beliebte Künstler kauft, etwa einen Richter oder einen Baselitz.
Doch auch hier gibt es für Verbraucher keine Konstante. Daten von Artnet zeigen, wie sehr die Preise für Kunstwerke von bekannten und beliebten Künstlern innerhalb eines Jahres schwanken. So lag der durchschnittliche Preis für ein Werk des Künstlers Georg Richter im ersten Quartal 2021 bei mehr als zehn Millionen Dollar, ein Jahr später erzielten die Werke dagegen im Schnitt nur noch eine Million Dollar.
Trotz der jüngsten Preisrückgänge in manchen Kunstsegmenten hat sich Kunst durchaus als Wertanlage bewährt. Kaum eine andere Anlageart hat es in den letzten 40 Jahren geschafft, eingesetztes Kapital so nachhaltig zu vervielfachen. Auch kommen neue Käufermärkte hinzu. Vor allem in den boomenden Staaten Brasilien, Indien und China entwickelt sich der Kunstmarkt kräftig.
Käufer und Verkäufer bleiben oft anonym
Eine weitere Eigenschaft des Kunstmarktes ist die hohe Bedeutung der Anonymität. Das macht es für Anleger nicht einfacher, sich am Markt zu orientieren. Interessierte Käufer wissen oft nicht einmal, wer ein Kunstwerk verkauft. Bei Auktionen, selbst bei namhaften Häusern, ist es üblich, dass der Verkäufer eines Bildes nicht genannt wird. Teilweise bleiben sowohl Käufer als auch Verkäufer völlig unbekannt. Der Handel beruft sich hier auf ein angebliches Geschäftsgeheimnis, das es aber gar nicht gibt. Tatsächlich will man auch für Kunden attraktiv bleiben, denen es vor allem um eine diskrete Geldanlage geht.
Sollte also neben der Neugier nach neuen Investitionsmöglichkeiten auch die Aussicht auf Freude an schöner Kunst in den eigenen vier Wänden vorhanden sein, kann sich die Anschaffung des einen oder anderen Kunstobjektes auch langfristig sehr lohnen.
Christian Siegfried
Kundenberater Zürich