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An welchem Börsenplatz kaufe ich eine Aktie?

Beim Investieren in Aktien, Fonds und ETFs spielt der Börsenplatz und die Währung eine wichtige Rolle. Erfahren Sie, warum es sinnvoll ist, Aktien am Heimatmarkt zu kaufen und welche Faktoren dabei entscheidend sind.

4 Min.

An welchem Börsenplatz kaufe ich eine Aktie?

Die meisten Personen, die bereits in Aktien, Fonds, ETF (börsengehandelte Fonds) und ähnliche Wertpapiere investiert haben, mussten sich schon mit der Frage auseinandersetzen, wo beziehungsweise an welchem Börsenplatz und in welcher Währung ein Wertpapier überhaupt gekauft werden soll. 

 

Möchte beispielsweise ein Schweizer Investor Novartis Aktien kaufen, muss er sich diese Frage nicht stellen. Die Bank wird diese Aktien automatisch an der SIX Swiss Exchange in Schweizer Franken kaufen. Aber kommt eine in Amerika oder Asien wohnhafte Person auf die Idee, Novartis Aktien zu kaufen, muss sie sich überlegen, ob die Aktien in der Schweiz oder in den USA erworben werden sollten. Ein Spezialfall ist derzeit die EU:

 

Seit Juli 2019 wird die Schweizer Börse von der EU gegenüber europäischen Handelsplätzen nicht mehr als gleichwertig anerkannt. Die EU wollte damit Druck auf die Schweiz ausüben, um die Unterzeichnung des Rahmenabkommens zu beschleunigen. Als Gegenmassnahme hat der Bundesrat entschieden, dass Schweizer Aktien nicht mehr in der EU gehandelt werden dürfen. Somit muss ein EU-Bürger, der in Schweizer Aktien investieren möchte, diese an der Schweizer Börse kaufen. Beides dürften allerdings nur vorübergehende Verfügungen sein. Besitzt eine Schweizer Firma zudem einen Zweitsitz in einem EU-Staat, darf diese Aktie weiterhin auch dort gekauft werden. 

 

Wer die Möglichkeit hat, Wertschriften an mehreren Börsen erwerben zu können (bei einem sogenannten Dual Listing), muss sich mit diesen Themen auseinandersetzen. Als Faustregel gilt: Eine Aktie immer im Land kaufen, in dem sich der Hauptsitz der Firma befindet. Dafür sprechen zwei Gründe: Einerseits die viel höhere Liquidität und andererseits der deutlich tiefere Geld-Brief-Spread.

Börsenauftragsbuch

Liquidität: Hohe Liquidität bedeutet, dass eine grosse Menge an Aktien zu einem festen Preis gekauft oder verkauft werden kann. Beispielsweise können zur Zeit des Verfassens des Artikels 165 Aktien der Zürich Versicherungen zu einem fixen Preis von CHF 294.10 gekauft werden, was einem Volumen von ca. CHF 50‘000 entspricht. Weiter können 589 Aktien zu 294.20 gekauft werden usw.

 

Spread: Ein kleiner Spread bedeutet, dass der Preisunterschied zwischen An- und Verkaufspreis sehr gering ist. Bleiben wir beim Beispiel der Aktie der Zürich Versicherungen. 687 Aktien werden zu CHF 293.90 gesucht und 165 Aktien werden zu CHF 294.10 angeboten. Im aktuellen Beispiel beträgt der Geld-Brief-Spread nur 0.07%. Da die Aktie immer zum Briefkurs (Kaufpreis) gekauft wird und dieser über dem Geldkurs (Verkaufspreis) liegt, muss die Aktie also 0.07% steigen, damit sie ohne Verlust verkauft werden kann. Je höher also die Preisdifferenz zwischen An- und Verkaufspreis, desto mehr muss die Aktie steigen, bis sie wieder mit Gewinn verkauft werden kann. Grundsätzlich gilt auch, je illiquider eine Aktie, desto höher der Spread. Und dieser kann sich rasch auf zwei bis drei Prozent bewegen – oder sogar deutlich darüber.

 

Ein Nachteil, wenn eine Aktie immer im Land vom Hauptsitz gekauft wird, ist, dass der Anleger möglicherweise noch nicht über diese Währung verfügt. Beispielsweise wenn ein Amerikaner eine Schweizer Aktie in der Schweiz kaufen möchte, muss er zusätzlich noch Schweizer Franken kaufen. Einerseits gibt es bei Währungen auch einen Ankaufs- und Verkauf-Spread. Dieser bewegt sich bei ca. zwei bis drei Prozent. Dies entspricht etwa der gleichen Grösse wie vorher bei den illiquideren Aktien beschrieben. Dafür ist aber die Wahrscheinlichkeit höher, alle Wertpapiere wieder zum selben Preis veräussern zu können, da die Liquidität am Hauptmarkt um einiges höher ist.

 

Falsch ist übrigens die Annahme, dass ein in der Landeswährung des Anlegers gekauftes Wertpapier kein Währungsrisiko hat. Zwar muss dieser keine Fremdwährung kaufen, dafür ist aber der Aktienkurs dem Wechselkursrisiko ausgesetzt. Hierzu folgendes Beispiel: Aktie A wird in der Schweiz zu CHF 100 gehandelt. In Australien kostet dieselbe Aktie zur selben Zeit AUD 162.53. Der Wechselkurs AUD/CHF beträgt 0.6153. Steigt die Aktie in der Schweiz um 10% auf CHF 110 und bleibt der Wechselkurs unverändert, wird die Aktie in Australien ebenfalls um 10% auf AUD 178.78 steigen. Bis hierhin bleibt der Kurs also stabil. Fällt hingegen der Wechselkurs AUD/CHF auf 0.55 wird die Aktie in Australien auf AUD 181.81 steigen. Wäre dem nicht so, könnte Arbitrage betrieben werden. Das bedeutet, eine Aktie an einem Börsenplatz günstig kaufen und zeitgleich an einem anderen Börsenplatz teurer verkaufen. Dies ist durch den Hochfrequenzhandel aber so gut wie unmöglich. Tausende Computer überprüfen solche Preisunterschiede im Millisekundenbereich und gleichen die Kurse sofort wieder an.

 

Leicht anders sieht es beispielsweise bei Unilever aus. Diese Firma hat einen Hauptsitz in den Niederlanden und einen zweiten in Grossbritanien. In beiden Ländern wird die Aktie sehr viel gehandelt. Ein Problem mit der Liquidität und dem Spread gibt es also nicht. Dennoch empfiehlt es sich, die Aktie eher in Amsterdam als in London zu kaufen, da Grossbritanien eine Stempelsteuer auf Wertschriftenkäufe kennt, was die Gebühren für den Kauf teurer werden lässt.

 

Bei ETF und Fonds ist die Frage nach dem Ort des Kaufes etwas schwieriger zu beantworten, da es sich hierbei um Gefässe handelt, die viele verschiedene Börsenplätze und Währungen beinhalten können. Einige Produkte sind sogar gegen Wechselkursschwankungen abgesichert. Der Fachmann spricht hier von «gehedgten» Produkten. Ist ein Produkt mittels Hedge gegen Währungsrisiken abgesichert, verteuert sich dieses leicht. ETF auf länderspezifische Indexe sollten in der Regel ebenfalls in der Währung des entsprechenden Landes gekauft werden. Bei Branchen oder Themen ETF kann es aber auch vorkommen, dass diese in verschiedenen Währungen über genügend grosse Liquidität verfügen. Welche Anlagewährung bei ETF oder Fonds am meisten Sinn macht, muss immer im Einzelfall eruiert werden. Oft kann hier gezielt das Fremdwährungsrisiko im Portfolio mittels gehedgten Produkten erhöht oder reduziert werden. Je nachdem wie stark das Portfolio bereits Wechselkursrisiken ausgesetzt ist.

 

Gerne beantwortet Ihnen Ihr persönlicher Anlageberater bei Baumann & Cie, Banquiers weitere Fragen dazu. Ebenfalls analysieren wir für Kunden und Nichtkunden kostenlos ihre Depots bei Drittbanken – gerne auch in Bezug auf dieses Thema.

 

David Vogt
Leiter Kunden Basel

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